Früher war unser Wohnort Neckarrems ein „Gänsedorf“.
Gänse waren die Haupteinnahmequelle der Bauern hier.
Das Geschäft mit den Gänsen war lukrativ und bot sich durch die flachen Einstiege in die Rems an. Morgens, bevor die Kinder in die Schule gingen, brachten sie die Gänse zur Rems. Dort konnten die Tiere baden.
Abends, so erzählte Oma Frida, liefen die Gänse selbstständig nach Hause. Und wurden daheim in Empfang genommen, um die Nacht im fuchssicheren Stall zu verbringen.
Der Graf, hoch oben auf der Burg, hatte Gänse „zum fressen gern“. Schon damals waren Steuern fällig. Diese wurden von den Bauern somit meist mit Gänsen beglichen. Lebend, weil es damals noch keine Kühlmöglichkeiten für Lebensmittel gab. Der Koch des Grafen schlachtete die Tiere dann nach Bedarf.
Einige Wochen bevor die Steuern fällig waren, durften die Tiere nicht mehr an die Rems, sondern bleiben im Verschlag, damit sie schön fett wurden. Fraßen die Tiere nicht ausreichend, wurden sie mit dem Kochlöffel gestopft. Der Graf sollte mit den Tieren zufrieden sein.
Eine weitere Einnahmequelle der Bauern waren Daunen. Daunen waren ein wertvolles, teures Gut. Wer sich dicke Federbetten leisten konnte, hatte Geld. Zur Daunengewinnung dienten nicht nur Schlachttiere. Es war üblich den Gänsen im Frühjahr bei lebendigem Leib die Brust zu rupfen.
Das Neckarremser Dorfbild war von Gänsen geprägt. Fast jeder hatte Gänse. Kleine Betriebe beherberten 50-80 Tiere.
Der größte Betrieb, Jan’s Urgroßvater, konnte 1000 (!!!) Tiere sein eigen nennen.
Immer wieder gab es Hochwasser im Flecken. Der unter Ortskern mit seinen Gebäuden war jedes Mal betroffen. Um Herr des Wassers zu werden, wurde entlang des Flusses ein Damm gebaut und eine Schutzmauer hochgezogen.
Das war das Ende der Gänsehaltung in Neckarrems. Die Tiere könnten das Wasser nicht mehr selbstständig erreichen.
Heute erinnert nur noch ein Denkmal „Die Gänselisl“ an die gänsereiche Zeit in Neckarrems.